MarTech-Strategie im Mittelstand

Vom Tool-Chaos zum optimalen Technologiepfad

MarTech-Strategie im Mittelstand

  • Autor: Sven Haubold
  • 25. November 2025
  • Lesedauer: 6 Minuten
  • Beratung

In den letzten Jahren sind die Anforderungen an das digitale Marketing im Mittelstand stetig gestiegen: mehr Kanäle, mehr Touchpoints, mehr Daten. Mit jeder neuen Aufgabe kam ein neues Tool hinzu – und so ist über die Zeit ein komplexer, kaum noch überschaubarer Technologie-Stack entstanden. Was einst mit pragmatischen Einzelentscheidungen begann, ist heute ein Flickenteppich aus Systemen, die hohen Aufwand erzeugen, aber oft wenig Wirkung erzielen.

Zeit, das Muster zu durchbrechen: Mit einer MarTech-Strategie, die Daten nutzbar macht, Beziehungen entwickelt und Prozesse verschlankt. Worauf Sie dabei achten sollten, lesen Sie in diesem Beitrag.

Ausgangslage: Wenn Tools zum Bremsklotz werden

In vielen mittelständischen Marketingabteilungen ist die Tool-Landschaft über Jahre organisch gewachsen. Alles begann mit einem Content Management System, später kamen Newsletter-Tools, Social-Media-Management-Werkzeuge, Shoplösungen und diverse Analyseplattformen – jedes System erfüllt seinen Zweck, doch zusammen ergeben sie oft kein stimmiges Ganzes. Die jeweiligen Tools wurden zudem durch verschiedene Stakeholder mit spezifischen Interessen ausgewählt. Die Integrationsmöglichkeiten oder das Zusammenspiel mit anderen Tools war bei der Auswahl meist kein Fokusthema. Daten liegen dann meist in Silos, Content wird oft mehrfach gepflegt, Kampagnen laufen parallel statt vernetzt. Reports müssen mühsam manuell erstellt werden, weil es kein komplettes bzw. durchgehendes Tracking oder Analytics gibt. Eine weitere Herausforderung: Die Aufgaben im Digitalmarketing werden häufig immer mehr, die dafür zur Verfügung stehenden personellen und finanziellen Ressourcen meist leider nicht. Die Folge ist eine paradoxe Situation: Die Systeme sind da, doch sie liefern zunehmend weniger Mehrwert. Mitarbeitende verbringen mehr Zeit mit Abstimmung, Exporten und Datenpflege als mit wirksamer Arbeit. Das Aufsetzen neuer Kampagnen dauert häufig lange und bereits erstellte Kampagnen sind durch die Verteilung auf verschiedene Systeme nicht einfach wiederholbar. Vom gewünschten "Marketing on Autopilot" ist man dann weit entfernt. Hinzu kommt ein Mangel an Transparenz: Welche Kanäle leisten welchen Beitrag? Welche Leads sind wirklich wertvoll? Ohne integrierte Datenbasis bleibt vieles Spekulation. Das Ergebnis: Viel Aktionismus, wenig Steuerbarkeit. Der Aufwand steigt, die Effizienz sinkt.

Vom Tool-Dschungel zur Strategie

Wie zerschlägt man nun diesen gordischen Knoten und kommt zu einer besser integrierten und verschlankten Arbeitsweise? Viele solcher Projekte beginnen leider am falschen Ende – sie suchen nach der „richtigen Software“, die die aktuellen Anforderungen löst. Dabei ist es viel wichtiger, sich damit auseinanderzusetzen, welche Aufgaben der Martech-Stack in Zukunft leisten muss. Erst wenn klar ist, welche Ziele Marketing und Vertrieb gemeinsam verfolgen, lässt sich entscheiden, welche Technologie sie dabei unterstützen soll.

Eine MarTech-Strategie setzt genau hier an. Sie beantwortet Fragen wie:

  • Welche Geschäftsziele sollen die Systeme unterstützen?

  • Welche Aufgaben müssen durch das Digitalmarketing-Team in Zukunft bewältigt werden?

  • Wie werden wir in Zukunft mit Kunden kommunizieren?

  • Welche Daten werden benötigt, um diese Ziele zu erreichen?

  • Welche Prozesse müssen digitalisiert oder automatisiert werden?

  • Welche Systeme existieren bereits – und wie können sie besser integriert werden?

Der Kern: MarTech ist kein IT-Projekt, sondern eine Business-Entscheidung. Es geht darum, Technologie so zu orchestrieren, dass sie strategische Wirkung entfaltet.

Von der Strategie zur Architektur

Mit dem Zielbild ist ein großer Schritt getan. Denn nun können wichtige Architekturentscheidungen angegangen werden.

  1. Plattform-Philosophie:
    Best‑of‑Breed (spezialisierte Tools, hohe Flexibilität) vs. DXP‑Suite (integriertes Ökosystem, geringere Integrationslast). Entscheidungskriterien: benötigte Use Cases, Team‑Kompetenzen, Integrationsaufwand, Total Cost of Ownership.

  2. Daten-Drehkreuz:
    Wo liegt das „System of Record“ für Kundendaten – CRM (vertriebsnah, Pipeline‑ & Account‑Kontext) oder CDP (kanalübergreifende Identity Resolution, Verhaltensdaten, Aktivierung)? Wichtig: Gibt es hier schon ein Teilsystem, was weiter verwendet werden soll? Außerdem wichtig: Consent/DSGVO, Datenqualität & Governance.

  3. Content & Assets:
    Ist ein zentrales DAM-System hilfreich (Digital Asset Management) oder reichen in CMS integrierte Asset-Management-Tools aus? Kriterien: Umfang der Assets, ggf. Änderungshäufigkeit, Mehrsprachigkeit, Rechte-/Versionierung, Taxonomien,

  4. Core vs. Edge:
    Was ist Kern  (stabil, langfristig) und was sind Edge‑Systeme (austauschbar, innovationsnah)? So bleibt der Stack veränderungsfähig, ohne das Fundament zu gefährden. Prinzip: Core persistiert wichtige Daten, Edge-Anwendungen konsumieren oder reichern an.

  5. Governance & Security:
    Rollen, Berechtigungen, Datenzugriffe, Audit‑Trails, Backup/BCP. Früh regeln, nicht nachrüsten.

Wenn dieses Architektur‑Zielbild steht, wird entschieden, wie es umgesetzt wird. Zur Auswahl stehen zwei grundsätzlich verschiedene Optionen:

  1. ein kompletter Neuaufbau und schrittweise Außerbetriebnahme alter Tools oder

  2. die schrittweise Konsolidierung (Evolution) durch Aktualisierung einzelner Komponenten.

Option B ist jedoch nur dann wirklich ratsam, wenn der Core des Systems erhalten bleiben soll.

Darauf aufbauend entsteht eine Roadmap, die den Ausbau der Marketingtechnologie in klaren Etappen beschreibt.

Erfolgsfaktoren einer tragfähigen MarTech-Strategie

Eine Technologiearchitektur ist nur so gut wie die Organisation, die sie nutzt. Das bedeutet ganz konkret: erst wenn Rollen, Prozesse und Verantwortlichkeiten klar sind, wird die neue Plattform erfolgreich genutzt. Systeme können nur dann Effizienz entfalten, wenn sie in klar definierte Abläufe eingebettet sind, von den richtigen Personen gepflegt werden und einheitliche Datenstandards gelten. Entscheidend sind daher neben den Systemen, auch Menschen, Prozesse und Governance-Strukturen. Eine saubere Datenbasis ist unverzichtbar – ohne gepflegte, konsistente Datensätze wird jede Automatisierung unwirksam. Deshalb braucht es dafür klare Verantwortlichkeiten: Wer ist für Datenqualität zuständig? Wer entscheidet über Systemerweiterungen? Welche Befugnisse hat er insbesondere hinsichtlich Anforderungen von Stakeholdern. In großen Organisationen ist das oft ein gewaltiger Stolperstein. Viele wissen, dass die gesammelten Daten eine schlechte Qualität haben, aber in komplexen Organisationen gibt es häufig keine übergreifende Verantwortlichkeit. Ein Chief Data Officer könnte deshalb eine wichtige Rolle in größeren Organisationen spielen. Ebenso wichtig ist Change Management: Die besten Tools nützen wenig, wenn sie nicht angenommen werden. Teams müssen früh eingebunden, Prozesse transparent gemacht und Schulungen eingeplant werden.

Erfolgreiches Vorgehen für Mittelständler

webit! hat bereits zahlreiche mittelständische Unternehmen auf dem Weg zu einer klaren MarTech-Strategie begleitet. Aus diesen Projekten hat sich ein bewährtes Vorgehen entwickelt: von der Analyse über die Zielarchitektur bis hin zur Implementierung und Befähigung der Teams. Der Fokus liegt dabei stets auf dem Geschäftsnutzen – Technologie ist Mittel zum Zweck, nicht Selbstzweck. Im ersten Schritt analysieren wir die bestehende Tool-Landschaft und identifizieren Synergien sowie Redundanzen. Auf dieser Basis entwickeln wir eine Roadmap, die Technologieentscheidungen priorisiert und Investitionssicherheit schafft. In der Umsetzung begleiten wir sowohl technisch als auch organisatorisch – mit Fokus auf Datenqualität, Nutzerfreundlichkeit und Effizienz und mit Weitsicht, tiefem Technologieverständnis und gesundem Pragmatismus. Das Ergebnis: Marketing- und Vertriebsteams gewinnen Transparenz, Geschwindigkeit und Kontrolle über ihre digitalen Prozesse. In Projekten unserer Kunden konnten so Kampagnenlaufzeiten auf bis zu 30 Prozent verkürzt, Leadqualität signifikant verbessert und Aufwände deutlich reduziert werden.

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